Restnutzungsdauergutachten zur Verkürzung der Abschreibungsdauer

Die Einschätzung der Restnutzungsdauer einer Immobilie seitens des Finanzamts entspricht oft nicht der tatsächlichen Situation. Wenn Sie das Gefühl haben, dass die wirtschaftliche Lebensdauer Ihrer Immobilie kürzer ist als angenommen und Sie möchten daher eine schnellere Abschreibung vornehmen, kann ein Restnutzungsdauergutachten, auch bekannt als Bausubstanzgutachten, eine Lösung bieten, um Steuern zu sparen. Ein wegweisendes Urteil des Bundesfinanzhofs sowie eine entsprechende Mitteilung des Bundesfinanzministeriums haben nun die Anerkennung solcher Gutachten durch die Finanzämter unter bestimmten Bedingungen erleichtert.

Für Wohngebäude im Privatbesitz gelten die folgenden Standards:

  • Wenn das Haus vor 1925 fertiggestellt wurde, muss die Restnutzungsdauer weniger als 40 Jahre betragen, um eine Verkürzung der Abschreibung für Abnutzung (AfA) zu beantragen.
  • Bei Häusern, die zwischen 1925 und 2022 errichtet wurden, muss die Restnutzungsdauer weniger als 50 Jahre betragen.
  • Für Immobilien, die ab 2023 fertiggestellt wurden, ist eine AfA-Verkürzung nur dann sinnvoll, wenn die Restnutzungsdauer weniger als 33,33 Jahre beträgt.

Indikatoren für die Verkürzung der Restnutzungsdauer

Entscheidende Faktoren zur Reduzierung der Restnutzungsdauer im Gutachten basieren gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung auf:

  1. Technischem Verschleiß, der die strukturelle Integrität des Gebäudes beeinträchtigt.
  2. Wirtschaftlicher Abwertung des Objekts.
  3. Rechtlichen Einschränkungen der Nutzung.

Dies entspricht Punkt 4 des entsprechenden Schreibens des Bundesfinanzministeriums. Durch ein Restnutzungsdauergutachten demonstriert der Sachverständige überzeugend, dass die rechtlichen, technischen oder wirtschaftlichen Bedingungen des spezifischen Gebäudes von der Norm abweichen. Er ermittelt die tatsächliche Restnutzungsdauer mit höchster Genauigkeit und begründet diese. Die Nutzung ist nur dann wirtschaftlich, wenn die Erträge die Kosten übersteigen.

Urteile zur Legitimierung von Restnutzungsdauergutachten

Folgende Entscheidungen legitimieren Restnutzungsdauergutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, wodurch diese nunmehr vom Finanzamt anerkannt werden müssen:

Bundesfinanzhof

Am 28. Juli 2021 fällte der Bundesfinanzhof als höchste Instanz ein wegweisendes Urteil (Aktenzeichen IX R 25/19), das die Verwendung von Nutzungsdauergutachten zur Verkürzung der Abschreibung für Abnutzung (AfA) legitimiert.

Der Tenor dieses höchstrichterlichen Urteils besagt, dass nicht nur die technische, sondern auch die wirtschaftliche Restnutzungsdauer vom Finanzamt anerkannt werden muss. Der Steuerpflichtige kann sich für die Verkürzung der Nutzungsdauer „jeder Darlegungsmethode“ bedienen, „die im Einzelfall geeignet erscheint“.

Bundesfinanzministerium

In einem Schreiben (Link zum Schreiben) vom 22. Februar 2023, veröffentlicht im Bundessteuerblatt, legte das Bundesministerium für Finanzen die Regeln für die Abschreibung von Gebäuden nach der tatsächlichen Nutzungsdauer fest, unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs.

Finanzgerichte

FG Köln

In einem Urteil vom 09. Juli 2022 (Az. 6 K 923/20) bestätigte das Finanzgericht Köln, dass eine modellhaft ermittelte Restnutzungsdauer, die technischen Verschleiß, wirtschaftliche Aspekte und rechtliche Nutzungsbeschränkungen berücksichtigt, als Grundlage für den AfA-Satz dienen kann. Ein separates Gutachten zur Bausubstanz ist demnach nicht erforderlich.

FG Münster

Das Finanzgericht Münster verkündete am 27. Januar 2022 (Az. 1 K 1741/18 E), dass die wirtschaftliche Restnutzungsdauer von Gewerbeimmobilien als Grundlage für den AfA-Satz gelten kann, sofern sie in einem entsprechenden Wertgutachten überzeugend dargelegt wurde.

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